Fady oder die rituellen Verbote auf der Insel Madagaskar
Das Leben von den Madagassen wird von sich ständig wiederholenden täglichen Aufgaben und Arbeiten geprägt. Der tägliche Alltag auf dem Land beschränkt sich meistens auf aufstehen, frühstücken, früh aufbrechen, auf den Feldern arbeiten, ins Haus zurückkehren, essen solange es noch hell ist und schlafen gehen. Weit weg von den neuen Technologien, der Entwicklung und der modernen Welt sehen wir eine ausgewogene soziale Beziehung und Harmonie mit unserer Umgebung. Diese herrschende Ruhe und Ordnung auf dem Land ist dank der Allgegenwart der Fady oder rituellen Verboten fest im Leben der Einwohner verankert.. Sie regeln das Leben von den Madagassen, sie markieren ihre täglichen Aufgaben, sie diktieren ihr Verhalten durch eine Art von Vorschriften um die Grenzen zum Drama zu vermeiden. Im Laufe der Zeit erweisen sie sich auch als Wegweiser der Madagassen.
Das Wort Fady stammt aus der Malaysischen Sprache, das Wort „Pemali“ bedeutet illegal oder unerlaubt (Die Vorfahren von den Madagassen kommen aus Indonesien). Diese Bedeutung bestätigt das Verbot in dem Wort Fady in der madagassischen Sprache, man kann aber auch ganz einfach hier auch das Wort Tabu als Übersetzung benutzen. Das Wort Tabu alleine umfasst nicht die Bedeutung des Wortes Fady, dieses hat mehrere Bedeutungen: etwas Heiliges, verbotene Handlungen, etwas das man nicht Berühren darf, Orte die man nicht überqueren kann oder nicht betreten darf, Tage bei denen man nicht arbeiten darf, verbotene Lebewesen die Unglück oder sogar den Tod bringen. Es kann aber auch Nahrung die man nicht verspeisen darf und noch sehr viel mehr sein.
Fady oder Tabus herrschen auf der ganzen Insel und es gibt tausende davon. Sie gelten als unabdingbare Anforderungen, Vorschriften, Gesetze im Leben der Madagassen. Sie sind auch allgemein für alle 18 Madagassischen ethnischen Gruppen bestimmt. Manche Fady sind dennoch auf eine bestimmte Gemeinschaft oder ethnische Gruppe und sogar auf eine bestimmte Person oder eine Familie beschränkt. In der madagassischen Ahnenverehrung spielen die Seelen der Vorfahren eine entscheidende Rolle im Leben der Madagassen, daher ist diese Ahnenverehrung so eng den Einhaltungen und Anforderungen der Seelen der Vorfahren unterlegen.
Die Ahnenverehrung besteht auch aus einer Vielzahl von endgültigen und provisorischen Fady. Die Einhaltung der Fady sind nicht alle endgültig aber sie können auch je nach Verordnung vom Dorfältesten, der Wahrsager und Magier vorübergehend sein und sogar wieder verschwinden, diese Menschen spielen nämlich eine wichtige Rolle als Autorität.
Diese Vielfältigkeit der Fady kann in 4 Kategorien untergeordnet werden:
Religiöse Fady oder Tabus durch die Ahnenverehrung
In der madagassischen Kultur leben die Seelen der Verstorbenen noch nach dem Tod weiter, die Seele ist unsterblich. Der Tod ist daher nur ein Übergang für das weitere Leben im Jenseits. Diese Seelen mischen sich unserem Glauben zufolge durch Ihre Freude oder Unzufriedenheit noch in die Existenz der Lebenden ein wenn sie mit den Handlungen der Lebendigen respektiert oder nicht respektiert sind. Zum Beispiel bei den Bestattungsriten gibt es sehr viele Fady die den Respekt der Verstorbenen Ahnen markieren. Bei einer Ermangelung in der Einhaltung der Fady kann zu Schande, Unheil oder sogar zum Tod führen. Der Grund dafür ist der Glaube dass die Seele des Verstorbenen dadurch nicht in der Welt der Ahnen gelangen kann was bei den Madagassen eine unentbehrliche Pflicht und Aufgabe ist. Zornige Seelen werden sehr befürchtet, sie werden ihr Unwesen bei den Lebenden treiben oder im schlimmsten Fall zu einem neuen Tod in der Familie führen.
Hier werden einige Beispiele für Fady in der Ahnenverehrung geschildert: Bei den Sakalava Stämmen muss das Haus des Verstorbenen zerstört oder verbrannt werden. Bestattungen am Morgen, Dienstag und Donnerstag verursacht weitere Todesfälle. Ein männlicher unverschnittener Verstorbener kann genauso wenig wie eine weibliche Leiche die keine Löcher für Ohrringe hat im Grab der Familie bestattet werden. Es besteht immer eine Notwendigkeit der Reinigung durch Feuer nach einer Bestattung…
Für Amulette, wie Erfolgsbringer, Glücksbringer oder Schutz befehlen Wahrsager und Zauberer den Inhabern viele Fady denen sie unter allen Umständen folgen müssen und deren Beachtung extrem wichtig ist. In diesem Fall handelt es sich um ein Mifady, dabei geht es um eine Absicht von Enthaltsamkeit die Vorschriften zu brechen. Ein nicht beachtetes oder gebrochenes Mifady würde zu einer Heimsuchung, Wirkungslosigkeit der Amulette oder sogar zum Tod führen.
Einige Beispiele die sich auf die Benutzung von Amuletten beziehen wären: Verzehr von Schweinefleisch, Zwiebeln oder Knoblauch.
Fady der Überlegenen oder der Obrigkeit
Bei den Fady der Hierarchien handelt es sich um den Platz der einzelnen Person in der madagassischen Gesellschaft, es geht ganz einfach darum sofort zu wissen wo man hingehört und sein Verhalten und Benehmen seiner Umgebung anpassen zu können.
Das Kastensystem herrscht unwillkürlich in den madagassischen Gedanken, aber vor allem in der madagassischen Gesellschaft sehen wir noch Adlige, Freien Menschen und Sklaven obwohl die Republik das Königreich ersetzt hat. Das Ziel ist es die Privilegien von jedem zu gewähren und auch jegliche Form von Unhöflichkeit zu vermeiden. Die Hierarchie gilt nicht nur in der Gesellschaft sondern auch in der Familie. Die Könige waren der Hüter auf der Erde von dem Willen der Vorfahren.
Einige Beispiele der auf Überlegenen bezogenen Fady: Zum Beispiel im und rund um dem Königspalast gibt es keine Toilette weil dieser Ort ist heilig ist. Schweine darf man dort nicht mitbringen oder auf dem Hügel wo sich der Palast befindet halten. . Ein Adliger darf keine Leiche tragen, die Kinder dürfen nicht das Haus im Westen des Elternhauses bauen, nur der Patriarch darf das Hinterteil von einem Geflügel essen …
Fady im AlltaG
Durch die Analyse der beiden obengenannten Fady können wir unsere Logik und Bedeutung der Einhaltung von Fady feststellen: Respekt der Vorfahren und der Überlegenen. Aber die Fady gehören längst auch zu dem Alltag der Madagassen und wirken sich auf alle sozialen Schichten aus. Manchmal erleben wir Verbote ohne zweckmäßige oder verständliche Gründe. Diese Fady markieren die Beziehung in der Familie, Manieren, Haltung, Körperliche Bewegung, die Gewohnheiten, die Verwendung eines bestimmten Gegenstands, die Mahlzeiten und die Familienbeziehungen untereinander. Die Fady im Alltag bürgen für die Gesundheit und für das Überleben bei Gefahr.
Einige Beispiele was tägliche Aktionen zu Folge haben könnten wären: Essen Sie mit einem Hut auf dem Kopf = Kahlköpfigkeit. Sich an eine Säule lehnen die das Dach stützt = Blitzschlag. Essen im Stehen = Hungersnot. Reis in dem Topf essen = Hungersnot. Mit dem Schlüssel = Krokodilangriff. Grünes Kleidungsstück im Haus anziehen = Blitzschlag. Fangen von Fliegen = Wahnsinn. Haare eines kranken Menschen schneiden = verkürzt das Leben….
Fady die Tiere und Pflanzen betreffen
Die Madagassen sind meist Bauern, Vieh und Landwirtschaft sind integrale Teile ihrer Existenz und dadurch sind Sie auch den verschiedensten Tabus unterworfen. Das Zebu, ein Emblem für die madagassischen Menschen ist heilig bei einigen ethnischen Gruppen und dadurch gibt es schon hunderte von Fady die speziell diese Tiere betreffen. Andere Haus und Wildtiere haben weniger Fady ausser vielleicht dem Schwein das ebenfalls sehr viele Verbote mit sich schleppt. In der madagassischen Kultur und Tradition erweisen sich aber auch alle möglichenTiere und Pflanzen als Fady: Verbot des Tötens oder Verzehr von gewissen Tieren oder das Fällen einiger heiligen Bäume. In den Baobabs zum Beispiel leben Seelen von den Vorfahren und daher ist das Überleben von bestimmten Pflanzen und sogar ganzen Wäldern nur den Tabus oder Fady zu verdanken.
Zum Beispiel: Den eingezäunten Platz wo heilige Bäume wachsen muss man Barfuß betreten, Schweine mitzubringen oder oft auch nur davor Schweinefleisch gegessen zu haben ist strengstens verboten. Ein Verstoß dagegen kann zu Krankheiten oder zum Tod führen. Ein Zebu Hirte darf keine Igel essen sonst stirbt das Kalb. Ein Zebu mit einem Schilfrohr schlagen = das Zebu erkrankt oder wird von Krokodilen gefressen. Ein Schwein mit den Einnahmen vom Zebuverkauf kaufen = Armut. Katze am Schwanz halten = Katze frisst die Küken. Dienstagmorgen in die Reisfeldern gehen = Die Vögel werden kommen um die Reiskörner zu fressen. Der Inhaber von den Reisfeldern beginnt die Reisverpflanzung, sonst werden die Reisfelder verpfändet ….
Autor: Hasina Rafidison