Die heitere Gelassenheit der Bevölkerung
Die Landwirtschaft ist für den Großteil der Madagassen die Grundlage der Existenzsicherung und prägt das Bild der Insel hinlänglich. Industrie gibt es kaum und auch große Städte muten dem europäischen Besucher eher als ausgedehnte Siedlungen an. Nicht einmal Madagaskars Hauptstadt Antananarivo bietet ein klassisch städtisches Bild, sondern erhebt sich lediglich in den Zwischenräumen ausgedehnter Reisfelder und verdeutlicht den Umstand, dass beinahe 80% der Bevölkerung von der Landwirtschaft leben. Vor allem der Reisanbau spielt landwirtschaftlich eine große Rolle. Informieren Sie sich unter Essen und Trinken auf Madagaskar über die tägliche Ernährung, die Rolle, die Reis in dieser einnimmt und die Bedeutung des Zebu auf Madagaskar.
Landwirtschaft als Grundlage des täglichen Lebens
Da die Landwirtschaft eine so bedeutende Rolle in der Grundsicherung der Madagassen einnimmt, mag es überraschen, dass sich nur 20% der Landesfläche überhaupt für Landwirtschaft eignen. Gerade der Anbau von Nassreis ist unter den gegebenen klimatischen Bedingungen problematisch, obschon die berühmten Reisterrassen des Hochlandes, welche vor allem die Betsileo angelegt haben, ein eindrucksvolles Panorama bieten. Da der Reis aus den Ernährungsgewohnheiten der Bevölkerung jedoch nicht wegzudenken ist, investiert diese in allen Landesteilen beträchtliche Mühen, um den Reisanbau möglich zu machen. Dabei hat sich bereits erwiesen, dass die Insel die Bedingungen für den Anbau zahlreicher anderer Pflanzen bereithält. So überwiegt vor allem im Hochland ein eher gemäßigtes Klima, welches praktisch alle Nutzpflanzen gedeihen lässt, die auch in Europa heimisch sind wie Äpfel, Birnen, Zitrusfrüchte und Gemüse aller Art. Auch exotische Produkte wie Ananas und Papaya können im Hochland angebaut werden. In den heißen, küstennahen Regionen offenbart sich dagegen die ganze Vielfalt, die einst als kostbare „Kolonialwaren“ ihren Weg nach Europa fanden: hier findet man kleine Vanille-, Kokos- und Litschi Plantagen, daneben Nelken, Zuckerrohr, Edelkakao, und Kaffee. Die Plantagen können bei einer Individualreise oder einer der Touren entlang der Ostküste bestaunt werden.
Madagaskars lebendige Marktkultur
Die geernteten Produkte werden in erster Linie auf Märkten verkauft. Beinahe jeder Ort verfügt zumindest über eine kleine Marktkultur. Durch die Vielzahl der landwirtschaftlichen ist der Besuch eines Marktes jedes Mal aufs Neue ein Fest für alle Sinne. In allen Formen und Farben werden hier die frischen Obst- und Gemüsewaren angeboten. Dort lassen sich die Umstände, die den Alltag der Menschen und das was diese hervorbringen bestimmen am besten beobachten und verstehen. Wo vonnöten, werden die madagassischen Märkte auch „spezialisiert“ bzw. räumlich getrennt. So besaß die Hauptstadt Antananarivo bis vor wenigen Jahren den wohl größten Freiluftmarkt der Welt, den legendären Zoma von Tana. Wegen seiner Größe war der Zoma jedoch kaum von den Behörden zu kontrollieren. Da die Administration sowohl den Überblick über die zu entrichtenden Standgebühren verlor als auch nicht mehr ausreichend gegen Taschendiebe vorgehen konnte, wurde der Zoma reglementiert, begrenzt und obendrein in verschiedene „Ressorts“ aufgeteilt.
Auch auf dem Lande gibt es spezielle Märkte, von denen die Viehmärkte die interessantesten sind. Vor allem Zebumärkte, wie sie regelmäßig in Ambositra, Ambalavao, Belo-sur-Tsiribihina oder Ambovombe abgehalten werden, ziehen jedes Mal eine große Menge zwei- und vierbeiniger Akteure an. Für den Besuch verschiedener Märkte bietet sich beispielsweise eine 14-Tage Reise von Antananarivo nach Tulear an.
Die Madagassen: Gastfreundschaft und Gelassenheit
Das Leben der meisten Madagassen spielt sich in einem recht kleinen Umkreis von vielleicht 30 Kilometern Durchmesser ab: die Menschen finden hier in diesem begrenzten Umfeld alles, was sie zum Aufwachsen und Leben brauchen. Das Schulsystem in Madagaskar ist – wenn auch völlig unterfinanziert und -entwickelt – flächendeckend organisiert. Trotzdem kann den meisten Madagassen nur das Mindestmaß an Bildung zuteil werden. Mehr als aus der Schule lernen die Einwohner des Landes von ihren Familien. Auf diese Weise betreiben sie auch ihre Landwirtschaft. Nachhaltige Konzepte der Landwirtschaft können sich deshalb nur langsam auf der Insel etablieren.
Auch wenn die madagassischen Völker eher in sich gekehrt und unter sich leben, sind sie Fremden gegenüber sehr freundlich und aufgeschlossen. Gastfreundschaft ist sehr weit verbreitet und Mahlzeiten werden großzügig mit Besuchern geteilt. Die Behausungen, die der Fremde dabei betritt oder auch nur auf der Durchreise sieht, bieten ein Spiegelbild der Lebensumstände: Im Hochland findet man vor allem mehrstöckige Ziegelhäuser, in den küstennahen Regionen hingegen überwiegend Hütten aus sehr vergänglichen Rohstoffen wie Palmblättern oder Stroh und Rinde. Die meisten Madagassen führen ein Leben am Rande des Existenzminimums. Moderne Errungenschaften der Zivilisationsgesellschaft besitzt kaum jemand. Gerade dieser Mangel bildet aber auch die Grundlage jener heiteren Gelassenheit, welche die meisten Madagassen kennzeichnet. Denn Hetze, Eile und vorschnelles Handeln sind hier praktisch unbekannt. Zeit ist immer genug da, sie kostet zumindest nichts, und diese eigenartige Melange aus Armut, Heiterkeit und Entspanntheit zieht viele Besucher Madagaskars in den Bann.